Folge 11 mit Sandra Olbrich
Shownotes
Die Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinde-rungen, Simone Fischer, hat in ihrer neuen Folge Sandra Olbrich zu Gast. Sie ist Journalistin, Moderatorin, Autorin, Frau und Mutter. Viele Jahre war sie das Gesicht der ZDF-Sendung „Menschen – das Magazin“. Sandra Olbrich engagiert sich für die Teilhabe und Selbstvertretung behinderter Menschen, moderiert Veranstaltungen, führt durch Gesprächsrunden und Workshops zu diversen Themen. Sie ist Expertin für inklusive und Leichte Sprache. Barrierefreiheit, auch in den Medien, ist ein Schwerpunkt ihrer Arbeit. Beruflich und privat beschäftigt sie sich mit den vielschichtigen Formen von Diskriminierung. Sie sagt: „Nach wie vor verhindern bestehende Strukturen echte Teilhabe. Um das zu ändern, brauchen wir gleiche Rechte und Chancen. Zugang, Teilhabe und Inklusion sind Menschenrecht, kein Zugeständnis. Das müssen alle anerkennen. Von einem Zugeständnis anderer möchte ich nicht abhängig sein müssen. Die Anerkennung von Rechten ist zentral und wichtiger als Empathie.“ Und weiter: „Wir müssen zu einer selbstbewussteren Vorstellung kommen, wie behinderte Menschen gleichberechtigt mitmachen können und endlich wegkommen von einem Wohlfahrts- und Charity-Gedanken.“ Dieser bringe Menschen mit Behinderungen in eine von Hilfe abhängige und zu Dankbarkeit verpflichtende Rolle.
Simone Fischer sagt: „Menschen mit Behinderungen erleben im Alltag immer noch viele Barrieren bis hin zu Diskriminierung, müssen vielerorts für ihre Rechte strei-ten.“ Dies zeigen persönliche Erfahrungsberichte genauso wie Eingaben in der Ombudsstelle der Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen sowie der Antidiskriminierungsstelle des Landes und des Bundes, die sich im Alltag über die Themen Kita, Schule, einen Arbeitsplatz bis zum Wohnungsmarkt erstre-cken. Sie sagt: „Es muss klar sein, dass wir zu einer Gesellschaft werden, in der die Rechte und Zugänge zu Bildung, Arbeit, Gesundheit, Wohnen, Digitalisierung für alle Menschen in derselben Weise gelten und die Voraussetzungen dafür geschaffen sind.“
Klar, offen und eindrücklich erzählt Sandra Olbrich im Podcast, was Empowerment für sie bedeutet, wie Selbsthilfe und der intensive Austausch mit Selbstvertretungs-Organisationen sie geprägt haben, warum der Begriff Behinderung für sie wichtig ist und welche Themen sie sonst noch umtreiben. Sandra Olbrich lebt mit ihrer Familie in Karlsruhe. Sie hat ein Netzwerk für behinderte Frauen aufgebaut und erlebt, was Empowerment und Peer-Counseling bewirken können. Dies bezeichnet sie für sich bis heute als eine Energiequelle: „Diese Kraft kann ich auch zu Hause gut nutzen, wo ich als berufstätige Mutter viele Bälle in der Luft halte.“
Transkript anzeigen
1
00: 00:00,870 --> 00:00:03,670
Simone Fischer:
Simone Fischer: Heute begrüße ich ganz
Simone Fischer: herzlich Sandra Olbrich.
Simone Fischer: 2
00: 00:03,720 --> 00:00:07,680
00: Sie ist Journalistin,
00: Moderatorin, Autorin
00: und Expertin für
00: 3
00: 00:07,680 --> 00:00:11,670
00: inklusive und leichte Sprache.
00: Für das ZDF
00: war sie viele Jahre
00: 4
00: 00:11,670 --> 00:00:16,470
00: das Gesicht der Sendung
00: "Menschen - das Magazin".
00: Liebe Sandra, du lebst
00: 5
00: 00:16,470 --> 00:00:20,040
00: mit deiner Familie
00: in Karlsruhe, im schönen
00: badischen Landesteil.
00: 6
00: 00:20,610 --> 00:00:24,330
00: Ich freue mich sehr, dass du da bist.
Sandra Olbrich:
Sandra Olbrich: Hallo, ich freue mich auch.
Sandra Olbrich: 7
00: 00:26,290 --> 00:00:29,350
Simone Fischer:
Simone Fischer: Sandra, ich habe gelesen,
Simone Fischer: dass es für dich früher nicht einfach war,
Simone Fischer: 8
00: 00:29,350 --> 00:00:33,160
00: dich mit dem Wort "Behinderung"
00: - in Anführungszeichen -
00: zu identifizieren
00: 9
00: 00:33,160 --> 00:00:37,510
und zu sagen:
und zu sagen: "Ich bin behindert".
und zu sagen: Was hat denn den Prozess bei dir
und zu sagen: 10
00: 00:37,510 --> 00:00:41,260
00: persönlich angestoßen,
00: dass du mittlerweile
00: auch eventuell
00: 11
00: 00:41,260 --> 00:00:45,010
00: eine andere Haltung hast?
00: Wie war und ist
00: auch dein Weg?
00: 12
00: 00:45,730 --> 00:00:50,110
Sandra Olbrich:
Sandra Olbrich: Ja, also das Wort "Behinderung"
Sandra Olbrich: ist mir heute sehr wichtig.
Sandra Olbrich: 13
00: 00:51,130 --> 00:00:54,550
00: Und ich glaube,
00: es ist auch wichtig für die
00: ganze Gesellschaft, sich mit
00: 14
00: 00:54,550 --> 00:01:00,880
00: diesem Begriff auseinanderzusetzen.
00: Das Wort "Behinderung"
00: ist für
00: 15
00: 01:00,880 --> 00:01:04,450
00: alle wichtig, aber besonders auch
00: für behinderte Menschen selbst.
00: Warum?
00: 16
00: 01:05,140 --> 00:01:08,320
00: Weil Behinderung eine soziale
00: Dimension hat.
00: 17
00: 01:08,470 --> 00:01:10,180
00: Ich glaube,
00: das ist hier
00: der springende Punkt.
00: 18
00: 01:10,450 --> 00:01:15,040
00: Behinderung entsteht ja erst
00: in der Wechselwirkung
00: zwischen Mensch
00: 19
00: 01:15,040 --> 00:01:22,210
00: und Umwelt bzw. einer
00: Gesellschaft, in der es
00: viele Barrieren gibt
00: 20
00: 01:22,780 --> 00:01:26,650
00: oder Hindernisse gibt
00: und Umstände,
00: die Teilhabe verhindern,
00: 21
00: 01:27,100 --> 00:01:33,100
00: also im besten Wortsinn
00: "be-hindern".
00: Und früher war ich mir dessen,
00: 22
00: 01:33,125 --> 00:01:36,118
00: glaube ich, gar nicht so bewusst.
00: Als junge Frau
dachte ich so:
dachte ich so: 23
00: 01:36,143 --> 00:01:40,155
00: Ja, ich muss mich anpassen,
00: muss mich beweisen
00: oder muss zeigen,
00: 24
00: 01:40,180 --> 00:01:43,990
00: dass ich mithalten kann,
00: muss vielleicht in manchen
00: 25
00: 01:43,990 --> 00:01:50,200
00: Bereichen besser sein,
00: um mich und meine
00: Qualifikation zu
00: 26
00: 01:50,440 --> 00:01:54,430
00: legitimieren - oder auch,
00: um gesehen zu werden
00: vielleicht einfach.
00: 27
00: 01:54,640 --> 00:02:00,130
00: Aber heute weiß ich,
00: dass das falsch ist,
00: weil nicht ich als behinderter
00: 28
00: 02:00,130 --> 00:02:04,390
00: Mensch das Problem bin,
00: sondern die Gesellschaft
00: mit ihren ausgrenzenden
00: 29
00: 02:04,390 --> 00:02:07,690
00: Strukturen ist das Problem.
00: Also behindert sein
00: bedeutet auch
00: 30
00: 02:07,690 --> 00:02:10,150
00: behindert werden.
00: Und das zu verstehen,
00: 31
00: 02:10,175 --> 00:02:13,985
00: das war für mich ein ganz,
00: ganz wesentlicher
00: Teil meiner,
00: 32
00: 02:14,650 --> 00:02:18,040
00: ja, man kann sagen
00: Sozialisation
00: als behinderter Mensch,
00: 33
00: 02:18,040 --> 00:02:21,520
00: würde ich sagen.
00: Das ist aber ein
00: langer Prozess
00: 34
00: 02:21,520 --> 00:02:24,040
00: und ich glaube,
00: mittlerweile
00: bin ich da gut
00: 35
00: 02:24,040 --> 00:02:29,390
00: vorangekommen, um es so
00: zu sagen (lacht).
Simone Fischer: Ich bin da ganz bei dir.
Simone Fischer: 36
00: 02:29,410 --> 00:02:32,980
00: Also ich für mich selbst
00: kann das auch so beschreiben
00: und höre das
00: 37
00: 02:32,980 --> 00:02:37,390
00: auch von vielen anderen
00: Menschen mit Behinderung,
00: behinderten Menschen,
00: 38
00: 02:37,390 --> 00:02:41,110
00: die das so beschreiben.
00: Ich denke,
00: wir sind irgendwie
00: 39
00: 02:41,110 --> 00:02:44,410
00: darauf ausgerichtet,
zu denken:
zu denken: Wir müssen uns an die
zu denken: 40
00: 02:44,410 --> 00:02:46,890
00: Mehrheitsgesellschaft anpassen.
Sandra Olbrich:
Sandra Olbrich: Genau.
Sandra Olbrich: 41
00: 02:46,890 --> 00:02:50,860
Simone Fischer: Und im Laufe des Lebens
Simone Fischer: zeigt sich, dass wir uns nicht immer
Simone Fischer: an den Standards,
Simone Fischer: 42
00: 02:51,100 --> 00:02:54,910
00: die andere gesetzt haben,
00: orientieren müssen.
Sandra Olbrich: Genau.
Sandra Olbrich: 43
00: 02:55,570 --> 00:03:00,760
Simone Fischer:
Simone Fischer: "Ableism" ist das
Simone Fischer: Fachwort für die
Simone Fischer: ungerechtfertigte oder die
Simone Fischer: 44
00: 03:00,760 --> 00:03:04,060
00: Ungleichbehandlung
00: wegen einer
00: körperlichen Behinderung oder
00: 45
00: 03:04,060 --> 00:03:07,810
00: einer Sinnesbehinderung,
00: auch einer psychischen
00: Erkrankung,
00: 46
00: 03:07,810 --> 00:03:11,710
00: auch aufgrund von
00: Lernschwierigkeiten.
00: Und wer es mit der Inklusion zu
00: 47
00: 03:11,710 --> 00:03:15,970
00: tun hat, weiß, dass
00: dieser Begriff auch derzeit
00: in aller Munde ist.
00: 48
00: 03:16,230 --> 00:03:19,870
00: Wie stehst du dazu?
00: Welche Erfahrungen
00: machst du
00: 49
00: 03:19,870 --> 00:03:23,380
00: mit Ableism?
00: Wie gehst du damit um?
Sandra Olbrich: Ja. Ich glaube,
Sandra Olbrich: 50
00: 03:23,380 --> 00:03:28,750
00: das ist ein Begriff,
00: der dadurch, dass er so
00: kurz erst in Gebrauch ist,
00: 51
00: 03:29,200 --> 00:03:32,440
00: noch schwer zu greifen ist.
00: Aber tatsächlich
00: sind ja alle
00: 52
00: 03:32,440 --> 00:03:37,360
00: Menschen täglich
00: und überall von Ableismus
00: betroffen
00: 53
00: 03:37,360 --> 00:03:42,030
00: oder erleben Ableismus.
00: Und ich glaube,
00: das hängt damit zusammen,
00: 54
00: 03:42,030 --> 00:03:47,490
00: dass Teilhabe ja ganz stark
00: einem Leistungsprinzip
00: unterworfen ist.
00: 55
00: 03:47,730 --> 00:03:50,970
00: Da geht es um
00: zugeschriebene
00: Fähigkeiten,
00: 56
00: 03:52,530 --> 00:03:56,220
00: und deshalb ist
00: eine Gesellschaft oder ist
00: unsere Gesellschaft per se
00: 57
00: 03:56,220 --> 00:03:59,550
00: ableistisch,
00: auch schon deshalb, weil
00: behinderte Menschen in der
00: 58
00: 03:59,550 --> 00:04:03,750
00: Dominanzgesellschaft
00: als Gegenentwurf
00: zum Konzept "Norm" gelten.
00: 59
00: 04:04,050 --> 00:04:06,540
00: Also das ist jetzt
00: sehr komplex
00: und ich will da jetzt auch nicht
00: 60
00: 04:06,540 --> 00:04:10,350
00: zu tief einsteigen,
00: aber ich glaube,
00: dass viele
00: 61
00: 04:10,350 --> 00:04:14,520
00: Zuschreibungen mit Macht
00: und mit Machtstrukturen
00: zu tun haben,
00: 62
00: 04:14,520 --> 00:04:19,500
00: auch mit Privilegien.
00: Und da wird
00: Behinderung eben,
00: 63
00: 04:20,280 --> 00:04:23,940
00: man kann sagen,
00: zur Konstruktion
00: von Normalität gebraucht,
00: 64
00: 04:24,150 --> 00:04:28,080
00: sozusagen als Gegenentwurf.
00: Und insgesamt
00: wird damit auch ein
00: 65
00: 04:28,080 --> 00:04:34,590
00: herrschendes Wertesystem
00: verfestigt. Insofern geht es bei
00: Ableismus auch nicht
00: 66
00: 04:34,590 --> 00:04:38,640
00: nur um Behindertenfeindlichkeit
00: oder Behindertenfreundlichkeit,
00: sondern
00: 67
00: 04:38,940 --> 00:04:42,930
00: es geht ganz allgemein
00: um das Thema
00: "gesellschaftliche Verhältnisse" bzw.
00: 68
00: 04:44,130 --> 00:04:50,190
00: um Machtverhältnisse.
00: Und die haben wir,
00: haben behinderte Menschen
00: 69
00: 04:51,000 --> 00:04:55,620
00: übrigens selbst auch so
00: verinnerlicht,
00: dass wir Ableismus
00: 70
00: 04:56,400 --> 00:04:59,550
00: unbewusst
00: selbst reproduzieren.
00: Das nennt man dann ja auch
00: 71
00: 04:59,550 --> 00:05:02,430
00: internalisierten Ableismus.
00: Und dazu gehört
00: zum Beispiel auch,
00: 72
00: 05:02,430 --> 00:05:07,980
00: dass behinderte Menschen
00: dankbar sind,
00: wenn ihnen eine Chance
00: 73
00: 05:07,980 --> 00:05:11,580
00: gegeben wird,
00: mitzumachen irgendwo,
00: eine Ausbildung zu beginnen
00: 74
00: 05:11,580 --> 00:05:16,440
00: oder in einem Unternehmen
00: auf dem regulären Arbeitsmarkt
00: zu arbeiten.
00: 75
00: 05:17,070 --> 00:05:21,300
00: Oder das Gefühl,
00: bloß niemandem zur Last
00: fallen zu wollen,
00: 76
00: 05:21,960 --> 00:05:27,480
00: oder das Gefühl,
00: die Behinderung oder
00: vermeintliche Defizite
00: 77
00: 05:28,290 --> 00:05:31,230
00: irgendwie kompensieren
00: zu müssen durch zum Beispiel
00: besonders gute
00: 78
00: 05:31,230 --> 00:05:36,420
00: Leistungen in bestimmten
00: Bereichen oder durch ein
00: gepflegtes Äußeres,
00: 79
00: 05:37,590 --> 00:05:39,540
00: was ich auch bei
00: manchen behinderten
00: Menschen und auch
00: 80
00: 05:39,540 --> 00:05:44,790
00: bei mir selbst sogar erlebe.
00: Oder die oft zitierte
00: 81
00: 05:44,790 --> 00:05:49,455
00: Fröhlichkeit,
00: wofür man dann oft
00: auch bewundert wird.
00: 82
00: 05:49,560 --> 00:05:52,218
Jetzt kommt so ein Zitat:
Jetzt kommt so ein Zitat: "trotz des harten Schicksals",
Jetzt kommt so ein Zitat: 83
00: 05:52,250 --> 00:05:57,895
00: das man hat. Und all das gehört
00: eben mit in dieses Thema
00: "Ableismus" hinein.
00: 84
00: 05:59,240 --> 00:06:03,500
Simone Fischer: Es zeigt ja auch
Simone Fischer: so schön, dass es einfach
Simone Fischer: an vielen Stellen
Simone Fischer: 85
00: 06:03,500 --> 00:06:08,180
00: immer noch dieses
Denken ist: Es ist ein Stück
Denken ist: weit auch Gnade,
Denken ist: 86
00: 06:08,960 --> 00:06:12,710
00: dazuzugehören
00: oder auch Bedingungen
00: vorzufinden,
00: 87
00: 06:12,980 --> 00:06:16,190
00: aber es wird viel zu wenig
00: auch darüber gesprochen,
00: 88
00: 06:16,190 --> 00:06:19,340
00: dass es einfach
00: ein Recht ist, dass es ganz
00: selbstverständlich ist,
00: 89
00: 06:20,260 --> 00:06:23,870
00: dass diese Bedingungen
00: barrierefrei - jetzt als Beispiel -
00: sein müssen.
00: 90
00: 06:23,880 --> 00:06:27,080
Sandra Olbrich: Und ich glaube,
Sandra Olbrich: dass das das große Problem ist,
Sandra Olbrich: dass viele Menschen,
Sandra Olbrich: 91
00: 06:27,080 --> 00:06:30,530
00: viele behinderte Menschen
00: auch zu wenig wissen
00: über ihre Rechte.
00: 92
00: 06:30,980 --> 00:06:35,875
Simone Fischer: Ja.
Sandra Olbrich: Und das ist
Sandra Olbrich: vielleicht zum Teil auch gewollt,
Sandra Olbrich: 93
00: 06:35,900 --> 00:06:40,070
00: bei allen Anstrengungen in Richtung
00: Inklusion und bei allem
00: - in Anführungsstrichen - gutem
00: 94
00: 06:40,070 --> 00:06:45,860
00: Willen für
00: inklusive Projekte
00: und Initiativen.
00: 95
00: 06:46,190 --> 00:06:50,720
00: Aber es fehlen eben
00: Informationen
00: über Rechte,
00: 96
00: 06:50,870 --> 00:06:54,770
00: über die eigenen Rechte,
00: über alternative
00: Lebensformen
00: 97
00: 06:54,770 --> 00:06:58,010
00: zum Beispiel.
00: Es fehlen Informationen
00: in leichter Sprache.
00: 98
00: 06:58,390 --> 00:07:00,950
00: Also allein die wenigen
00: Informationen,
00: 99
00: 07:00,950 --> 00:07:05,760
00: die es zum Thema
00: "Rechte" gibt,
00: sind dann selbst
00: auch nicht immer
00: 100
00: 07:05,780 --> 00:07:08,600
00: unbedingt zugänglich.
00: Und ich glaube, da müssen
00: wir einfach ganz viel
00: 101
00: 07:08,810 --> 00:07:12,920
00: noch dran ändern.
Simone Fischer: Ja.
Simone Fischer: Du hast dich für Mütter mit
Simone Fischer: 102
00: 07:12,920 --> 00:07:15,590
00: Behinderungen sehr stark
00: eingesetzt,
00: unter anderem.
00: 103
00: 07:16,460 --> 00:07:19,790
00: Wie siehst du die
00: Perspektive? Vor welcher
00: Herausforderung stehen
00: 104
00: 07:19,790 --> 00:07:24,410
00: denn Mütter mit
00: Behinderungen? Und welche
00: Möglichkeiten gibt es
00: 105
00: 07:24,410 --> 00:07:28,280
00: auch, dass sie Strukturen
00: vorfinden, um eben den
00: Alltag auch
00: 106
00: 07:28,280 --> 00:07:33,170
00: selbstbestimmt zu gestalten
00: und nicht eben auf das
00: Goodwill und die Gnade
00: 107
00: 07:33,650 --> 00:07:38,450
00: mancher (lacht) anderer angewiesen zu sein?
Sandra Olbrich:
Sandra Olbrich: Ja, da sind noch echt dicke
Sandra Olbrich: 108
00: 07:38,450 --> 00:07:41,840
00: Bretter zu bohren.
00: Also bevor ich jetzt
00: auf die
00: 109
00: 07:41,840 --> 00:07:44,080
00: Frage antworte,
00: möchte ich gerne
00: noch mal so einen
00: 110
00: 07:44,120 --> 00:07:50,000
00: wichtigen Gedanken
00: vorwegschicken. Also
00: mir geht es weder darum ...
00: 111
00: 07:50,000 --> 00:07:54,470
Oder anders formuliert:
Oder anders formuliert: Ich finde, es ist weder
Oder anders formuliert: Bestimmung noch Glück
Oder anders formuliert: 112
00: 07:54,770 --> 00:08:02,480
00: einer Frau, Mutter zu sein,
00: ja, oder auf Reproduktion
00: reduziert zu werden
00: 113
00: 08:02,480 --> 00:08:07,280
00: oder so. Also Mutterschaft
00: ist ein Lebensentwurf
00: unter vielen.
00: 114
00: 08:07,280 --> 00:08:11,300
00: Und mir geht es darum,
00: dass jede Frau,
00: die Mutter sein möchte,
00: 115
00: 08:11,300 --> 00:08:16,040
00: die ein Kind zur Welt
00: bringen möchte, auch das Recht
00: dazu hat und die
00: 116
00: 08:16,040 --> 00:08:19,670
00: Möglichkeiten dazu hat.
00: Also es geht immer
00: um die
00: 117
00: 08:19,670 --> 00:08:22,130
00: Entscheidung der Frau,
00: ob jetzt mit
00: oder ohne Behinderung.
00: 118
00: 08:22,610 --> 00:08:25,910
00: Frauen mit Behinderung
00: allerdings
00: wird die Fähigkeit,
00: 119
00: 08:25,910 --> 00:08:29,100
00: Mutter zu sein,
00: ja oft von vornherein
00: abgesprochen.
00: 120
00: 08:29,100 --> 00:08:32,720
00: Also was auch immer
00: das jetzt für Fähigkeiten
00: oder Qualifikationen
00: 121
00: 08:32,720 --> 00:08:36,110
00: sein sollen, ist eine
00: gute Frage. Das hat,
00: glaube ich, auch viel mit
00: 122
00: 08:36,110 --> 00:08:40,850
00: einem tradierten
00: und überholten
00: Mütterbild zu tun,
00: 123
00: 08:41,480 --> 00:08:44,900
wo ich mich auch immer frage:
wo ich mich auch immer frage: Na ja, wenn die Leute hier
wo ich mich auch immer frage: so auf eine
wo ich mich auch immer frage: 124
00: 08:45,620 --> 00:08:50,540
00: angebliche Eignung pochen,
00: wieso gibt es
00: dann eigentlich
00: 125
00: 08:50,540 --> 00:08:54,650
00: noch nicht den
00: Führerschein oder das Prüfsiegel
00: für alle Menschen,
00: 126
00: 08:54,650 --> 00:08:58,390
00: die Eltern werden wollen?
00: Ja, also das
00: 127
00: 08:58,490 --> 00:09:03,140
00: ist ein schwieriges Thema.
00: Aber manche Mütter mit
00: 128
00: 09:03,140 --> 00:09:07,340
00: Behinderung brauchen
00: halt einfach nur
00: Unterstützung in
00: 129
00: 09:07,340 --> 00:09:11,540
00: bestimmten Bereichen.
00: Deshalb haben sie
00: aber trotzdem
00: 130
00: 09:11,540 --> 00:09:13,670
00: ein Recht auf
00: Elternschaft. Ich glaube,
00: es ist ganz wichtig,
00: 131
00: 09:13,670 --> 00:09:18,750
00: dass man das einfach mal
00: als gegeben hinnimmt.
00: Und beim Thema
00: 132
00: 09:18,800 --> 00:09:22,550
00: "Eltern-Assistenz", das ist ja
00: eines der
00: 133
00: 09:22,550 --> 00:09:26,450
00: wenigen
00: Unterstützungsmodelle,
00: die wir haben für Eltern
00: 134
00: 09:26,450 --> 00:09:30,200
00: oder für Mütter mit Behinderung.
00: Da brauchen wir
00: ganz klar mehr
00: 135
00: 09:30,200 --> 00:09:35,930
00: verbindliche rechtliche
00: Regelungen, die auch dann
00: bundeseinheitlich
00: 136
00: 09:35,930 --> 00:09:41,180
00: gelten und die nicht
00: von Bundesland zu Bundesland
00: erstens unterschiedlich
00: 137
00: 09:41,180 --> 00:09:44,630
00: sind und zweitens auch noch
00: von verschiedenen
00: Sachbearbeiter*innen
00: 138
00: 09:44,870 --> 00:09:48,200
00: auf den Ämtern abhängen.
00: Also hier fehlen einfach
00: 139
00: 09:48,200 --> 00:09:53,000
00: allgemeingültige
00: Regelungen, die Mütter
00: mit Behinderung mehr
00: 140
00: 09:53,240 --> 00:10:00,140
00: schützen und unterstützen.
Simone Fischer: Du selbst bist ja
Simone Fischer: Mutter, berufstätig,
Simone Fischer: 141
00: 10:00,140 --> 00:10:06,290
00: erfolgreich, reist gerne
00: und bist auch medial
00: sehr präsent.
00: 142
00: 10:06,290 --> 00:10:10,040
00: Wo erfährst du Barrieren
00: und vielleicht auch
00: Diskriminierung?
00: 143
00: 10:10,610 --> 00:10:13,670
00: Ich kann mich auch
00: an deine letzte Reise
00: erinnern,
00: 144
00: 10:13,820 --> 00:10:18,530
00: über die du berichtet hast,
00: welche Erlebnisse du
00: 145
00: 10:18,530 --> 00:10:23,950
00: da auch erleben musstest.
00: Und wie gehst du mit
00: 146
00: 10:23,960 --> 00:10:27,380
00: Diskriminierungen,
00: gerade auf Reisen,
00: aber auch im Alltag um?
00: 147
00: 10:27,650 --> 00:10:31,580
00: Vielleicht kannst du darüber berichten?
Sandra Olbrich:
Sandra Olbrich: Ja. Da wir jetzt gerade auch
Sandra Olbrich: 148
00: 10:31,580 --> 00:10:34,370
00: über die Mütter sprachen,
00: muss ich so
00: ein bisschen dazusagen,
00: 149
00: 10:34,370 --> 00:10:40,250
00: dass meine Kinder ja
00: mit jetzt fast 20 und 16 Jahren
00: mehr oder weniger
00: 150
00: 10:40,250 --> 00:10:44,090
00: schon selbstständig
00: unterwegs sind. Und das
00: hat natürlich vieles
00: 151
00: 10:44,090 --> 00:10:47,120
00: verändert oder auch
00: für mich im Alltag
00: erleichtert.
00: 152
00: 10:47,120 --> 00:10:49,490
00: Also früher, als
00: die Kinder noch
00: klein waren,
00: 153
00: 10:49,490 --> 00:10:54,170
00: das muss ich schon sagen,
00: da war der Alltag für mich
00: schon sehr belastend.
00: 154
00: 10:54,170 --> 00:10:58,310
00: Und zwar nicht
00: wegen der Kinder selbst,
00: sondern weil
00: 155
00: 10:58,690 --> 00:11:02,640
00: ich als behinderte Mutter
00: - und damit übrigens
00: auch meine Kinder -
00: 156
00: 11:02,650 --> 00:11:05,860
00: weil wir ausgebremst und
00: ausgeschlossen wurden.
00: 157
00: 11:06,040 --> 00:11:10,330
00: Also Laternenlauf im
00: Kindergarten oder in der
00: Schule war natürlich
00: 158
00: 11:10,330 --> 00:11:14,410
00: nicht barrierefrei.
00: Dann haben alle
00: Kinderarztpraxen
00: 159
00: 11:14,410 --> 00:11:17,440
00: Treppenstufen,
00: sind also nicht
00: zugänglich und so.
00: 160
00: 11:17,950 --> 00:11:22,360
00: Und das setzt sich dann
00: so fort. Also im Job
00: als behinderte
00: 161
00: 11:22,360 --> 00:11:27,400
00: Moderatorin ist es auch
00: nach wie vor schwer,
00: vor der Kamera zu arbeiten.
00: 162
00: 11:27,400 --> 00:11:29,740
00: Es ist jedenfalls überhaupt
00: noch nicht
00: selbstverständlich,
00: 163
00: 11:29,740 --> 00:11:33,270
00: es sei denn,
00: es geht dann explizit um das
00: Thema "Behinderung".
00: 164
00: 11:33,280 --> 00:11:36,380
00: Und da haben wir es dann
00: aber auch schnell
00: mit Tokenism zu tun.
00: 165
00: 11:36,400 --> 00:11:39,490
00: Also ich selbst
00: war ja auch so
00: ein Token, eine Art
00: 166
00: 11:40,730 --> 00:11:44,000
00: Feigenblatt für eine
00: Sendereihe zum Thema
00: "Inklusion".
00: 167
00: 11:44,010 --> 00:11:48,380
00: Und da hat man dann
00: die behinderte Moderatorin
00: vor der Kamera stehen.
00: 168
00: 11:48,380 --> 00:11:51,740
00: Aber in der Redaktion
00: und auf der ganzen
00: Entscheider*innen-Ebene
00: 169
00: 11:51,740 --> 00:11:54,350
00: gibt es eben dann keine
00: Menschen mit Behinderung.
00: 170
00: 11:54,590 --> 00:11:57,760
00: Also das ist ja
00: nicht inklusiv.
00: 171
00: 11:58,700 --> 00:12:01,940
00: Und hier zu Hause,
00: im Alltag stoße ich
00: im Prinzip auf allen
00: 172
00: 12:01,940 --> 00:12:05,060
00: meinen Wegen auf Barrieren,
00: das muss ich ganz
00: klar so sagen.
00: 173
00: 12:05,060 --> 00:12:09,050
00: Ich glaube, das kennen
00: alle Menschen mit Behinderungen
aus ihrem Alltag:
aus ihrem Alltag: 174
00: 12:10,220 --> 00:12:14,270
00: Die Behindertenparkplätze
00: sind von Fußgänger*innen
00: belegt, die nur
00: 175
00: 12:14,270 --> 00:12:17,130
00: mal kurz irgendwas
00: abholen wollen,
00: in der Reinigung oder so.
00: 176
00: 12:17,150 --> 00:12:18,950
00: Oder man kommt
00: bei der Bahn
00: nicht mit.
00: 177
00: 12:19,280 --> 00:12:23,030
00: Und wie du es gerade
richtig gesagt hast:
richtig gesagt hast: Die letzte Reise
richtig gesagt hast: 178
00: 12:23,030 --> 00:12:27,050
00: oder letzte Fernreise,
00: die ich hatte,
00: mit der Lufthansa,
00: 179
00: 12:27,050 --> 00:12:28,880
00: die dann eben
00: meinen Rollstuhl
00: verbummelt hat,
00: 180
00: 12:28,880 --> 00:12:33,950
00: der ist leider
00: nicht mitgekommen. Und das
00: sind so Dinge, die einem
00: 181
00: 12:33,950 --> 00:12:37,710
00: dann zeigen, dass
00: das Bewusstsein überhaupt
00: nicht da ist,
00: 182
00: 12:38,070 --> 00:12:41,720
00: dass die Prozesse
00: nicht stimmen, dass Unternehmen,
00: Organisationen,
00: 183
00: 12:41,720 --> 00:12:45,290
00: Airlines gar keine
00: Barrierefreiheitskonzepte
00: haben
00: 184
00: 12:45,290 --> 00:12:51,290
00: bzw. auch geltende EU-Rechte zur
00: Teilhabe behinderter Menschen
00: 185
00: 12:51,290 --> 00:12:55,790
00: gar nicht konsequent umsetzen.
00: Und das ist schon sehr
00: 186
00: 12:55,790 --> 00:12:58,820
00: schwierig.
00: Aber das sind jetzt
00: alles eigentlich
00: 187
00: 12:58,820 --> 00:13:03,560
00: nur so Kleinigkeiten
00: im Vergleich zu struktureller
00: Diskriminierung, die
00: 188
00: 13:03,560 --> 00:13:08,870
00: behinderte Menschen
00: ja alle erfahren.
00: Also das macht sich fest am
00: 189
00: 13:08,870 --> 00:13:13,250
00: Zugang zu Bildung
00: oder bei der Suche nach
00: geeignetem Wohnraum -
00: 190
00: 13:13,310 --> 00:13:17,600
00: es gibt ja kaum
00: barrierefreie Wohnungen -
00: oder Zugang zu Arbeit,
00: 191
00: 13:17,600 --> 00:13:20,870
00: bei der Gesundheitsversorgung.
00: Gerade Thema
00: "Frauengesundheit" ist ein
00: 192
00: 13:20,870 --> 00:13:24,590
00: großes Problem. Es gibt kaum
00: Frauenarztpraxen,
00: die überhaupt eingestellt
00: 193
00: 13:24,590 --> 00:13:29,270
00: sind auf Frauen
00: mit Behinderungen.
00: Bei Behördengängen, wo die
00: 194
00: 13:29,270 --> 00:13:33,470
00: Formulare nicht in
00: leichter Sprache vorhanden
00: sind oder erst
00: 195
00: 13:33,470 --> 00:13:36,410
00: explizit angefragt
00: werden müssen, was ja
00: an sich auch schon wieder
00: 196
00: 13:36,410 --> 00:13:39,740
00: eine Barriere darstellt.
00: Ja, und bei fehlender
00: 197
00: 13:39,740 --> 00:13:42,680
00: Barrierefreiheit im Netz
00: sowieso. Also die Liste
00: könnten wir,
00: 198
00: 13:42,680 --> 00:13:45,390
00: glaube ich,
00: wir beide jetzt hier,
00: endlos fortsetzen.
00: 199
00: 13:47,270 --> 00:13:49,400
Simone Fischer:
Simone Fischer: Ja, wir könnten sie lange,
Simone Fischer: lange fortsetzen.
Simone Fischer: 200
00: 13:49,400 --> 00:13:52,910
00: Und wir arbeiten ja auch schon
00: lange daran,
00: an vielen Stellen.
00: 201
00: 13:52,910 --> 00:13:56,270
00: Und manche Dinge
00: begegnen uns immer noch
00: und immer wieder.
00: 202
00: 13:57,560 --> 00:13:59,900
00: Ich glaube,
00: es ist einfach wichtig,
00: 203
00: 13:59,900 --> 00:14:06,100
00: dass wir immer stärker
00: darauf hinweisen und auch
00: einfordern an
00: 204
00: 14:06,170 --> 00:14:11,650
00: den unterschiedlichsten
00: Stellen. Denn, ja, es ist
00: nun mal die
00: 205
00: 14:11,660 --> 00:14:15,050
00: Struktur an vielen
00: Stellen, oder die
00: strukturellen
00: 206
00: 14:15,050 --> 00:14:17,600
00: Bedingungen, wie du sagst,
00: die es an vielen
00: Stellen erschwert.
00: 207
00: 14:17,990 --> 00:14:21,770
00: Ich erlebe ganz oft
00: auch Menschen mit Behinderung
00: oder auch Familien,
00: 208
00: 14:21,770 --> 00:14:25,640
die mir berichten:
die mir berichten: Nicht die Behinderung,
die mir berichten: 209
00: 14:25,640 --> 00:14:28,880
00: wie du es auch
00: beschrieben hast, ist das,
00: was es im Alltag
00: 210
00: 14:29,240 --> 00:14:32,240
00: nicht immer einfach macht,
00: sondern eben
00: die Rahmenbedingungen,
00: 211
00: 14:32,480 --> 00:14:35,810
00: die den Alltag erschweren.
00: Mit meiner Behinderung
00: würde ich
00: 212
00: 14:35,810 --> 00:14:39,990
00: gut klarkommen,
00: oder komme ich gut klar.
Sandra Olbrich: Ja. Genau.
Sandra Olbrich: 213
00: 14:41,090 --> 00:14:44,090
Simone Fischer:
Simone Fischer: Oder auch das Bewusstsein, wie du
Simone Fischer: es beschreibst mit dem Rollstuhl,
Simone Fischer: 214
00: 14:44,090 --> 00:14:49,040
00: dass auch so wenig
00: Bewusstsein vorhanden ist,
00: dass es einfach für
00: 215
00: 14:49,040 --> 00:14:54,920
00: dich so elementar wichtig ist,
00: diesen Rollstuhl
00: zu haben, genauso
00: 216
00: 14:54,920 --> 00:14:58,310
00: wie deine Schuhe als Beispiel.
Sandra Olbrich:
Sandra Olbrich: Wenn es nicht das
Sandra Olbrich: 217
00: 14:58,310 --> 00:15:00,170
00: Bewusstsein ist ...
00: Das Bewusstsein ist mir
00: 218
00: 15:00,170 --> 00:15:02,960
00: eigentlich gar nicht so
00: wichtig. Nur, es gibt ja
00: mittlerweile schon
00: 219
00: 15:02,960 --> 00:15:06,890
00: Gesetze. Es gibt eine
00: EU-Verordnung,
00: die das vorschreibt,
00: 220
00: 15:06,890 --> 00:15:11,250
00: die Beförderung behinderter
00: Menschen. Das ist ja der
00: eigentliche Skandal.
00: 221
00: 15:11,280 --> 00:15:13,670
00: Also Bewusstsein
00: hin oder her, letzten Endes
00: kann ich mir dafür
00: 222
00: 15:13,670 --> 00:15:16,400
00: nichts kaufen, sage ich mal.
00: Also viel, viel
00: wichtiger ist mir,
00: 223
00: 15:16,700 --> 00:15:18,950
00: dass es Gesetze gibt.
00: Und wenn es Gesetze gibt,
00: 224
00: 15:18,950 --> 00:15:21,080
00: dann möchte ich
00: natürlich auch, dass sie
00: zur Anwendung kommen.
00: 225
00: 15:21,080 --> 00:15:25,370
00: Und das ist eigentlich
00: der Skandal, dass Airlines
00: hier das geltende
00: 226
00: 15:25,370 --> 00:15:29,060
00: Recht nicht umsetzen.
Simone Fischer:
Simone Fischer: Ja. Und das ist, was ich an einigen
Simone Fischer: 227
00: 15:29,060 --> 00:15:31,040
Stellen auch erlebe:
Stellen auch erlebe: Dass Gesetze da sind,
Stellen auch erlebe: 228
00: 15:31,430 --> 00:15:36,410
00: aber die Umsetzung noch
00: ganz, ganz viel Luft
00: nach oben bietet,
00: 229
00: 15:36,710 --> 00:15:41,840
00: an den unterschiedlichsten
00: Stellen. Wo, denkst du,
00: unterscheidet sich
00: 230
00: 15:41,840 --> 00:15:44,360
00: denn dein Leben auch
00: von dem einer Frau
00: ohne Behinderung?
00: 231
00: 15:44,700 --> 00:15:46,850
00: Du hast jetzt schon
00: einige Punkte benannt,
00: aber ...
00: 232
00: 15:48,290 --> 00:15:51,740
Sandra Olbrich:
Sandra Olbrich: Also ja, der wesentliche
Sandra Olbrich: Unterschied ist vielleicht,
Sandra Olbrich: 233
00: 15:53,250 --> 00:15:58,680
00: dass ich als
00: behinderte Frau
00: mehrfach diskriminiert werde,
00: 234
00: 15:58,890 --> 00:16:04,660
00: also zum einen als Frau
00: und dann auch noch aufgrund
00: meiner Behinderung,
00: 235
00: 16:04,690 --> 00:16:09,780
00: und dass diese
00: - man sagt ja, Intersektion -,
00: also dass diese Überlappung
00: 236
00: 16:10,560 --> 00:16:17,010
00: in den
00: Marginalitätsdimensionen
00: Ausgrenzung zur Folge hat
00: 237
00: 16:17,010 --> 00:16:21,870
00: in ganz, ganz vielen
00: Bereichen. Also das
00: potenziert sich so,
00: 238
00: 16:21,870 --> 00:16:25,920
00: es erfordert dann
00: im Alltag und bei der
00: Lebensplanung,
00: 239
00: 16:25,920 --> 00:16:28,890
00: bei allen Entscheidungen
00: erfordert es sehr,
00: sehr viel Kraft.
00: 240
00: 16:28,890 --> 00:16:32,310
00: Und ich denke, nicht alle
00: Frauen, nicht alle
00: behinderten Frauen
00: 241
00: 16:32,790 --> 00:16:37,200
00: verfügen über Ressourcen
00: und Privilegien,
00: wie ich jetzt als
00: 242
00: 16:37,200 --> 00:16:40,950
00: weiße Frau mit einer
00: Ausbildung, mit einem eigenen
00: Einkommen und
00: 243
00: 16:40,950 --> 00:16:47,340
00: so. Das, glaube ich,
00: ist so der Punkt,
00: den viele, glaube ich,
00: 244
00: 16:47,360 --> 00:16:51,560
00: noch nicht so mitdenken.
Oder dass man sagt:
Oder dass man sagt: Ja gut,
Oder dass man sagt: 245
00: 16:51,560 --> 00:16:55,340
00: ich als Behinderte oder
00: ich als Frau generell
00: erfahre auch
00: 246
00: 16:55,340 --> 00:16:58,550
00: Benachteiligung in der
00: Gesellschaft, aber wenn dann
00: eben noch weitere
00: 247
00: 16:59,610 --> 00:17:04,980
00: Marginalitätsdimensionen
00: dazukommen, dann wird es
00: wirklich sehr,
00: 248
00: 17:04,980 --> 00:17:08,280
00: sehr, sehr, sehr eng.
00: Und dann sieht man
00: erst mal,
00: 249
00: 17:08,280 --> 00:17:13,110
00: in wie vielen Bereichen
00: man nicht selbstverständlich
00: teilhaben
00: 250
00: 17:13,140 --> 00:17:16,380
00: kann, dass man
00: sich vieles
00: sogar rechtlich
00: 251
00: 17:16,380 --> 00:17:22,200
00: erstreiten muss.
00: Und das machen
00: leider nur - was
00: 252
00: 17:22,210 --> 00:17:26,820
00: heißt "leider",
00: verständlicherweise oft -
00: sehr wenige Frauen,
00: 253
00: 17:26,820 --> 00:17:29,810
00: weil sie dafür
00: gar keine Ressourcen
00: zur Verfügung haben.
00: 254
00: 17:30,560 --> 00:17:33,660
Simone Fischer:
Simone Fischer: Auch das kostet ja viel Kraft
Simone Fischer: und Zeit im Alltag, ja.
Simone Fischer: 255
00: 17:36,580 --> 00:17:41,620
00: Wir haben jetzt viel
00: über Barrierefreiheit
00: gesprochen und
00: 256
00: 17:41,830 --> 00:17:45,520
00: gerade in den Medien
00: ist es ja ein Schwerpunkt
00: auch deiner Arbeit.
00: 257
00: 17:46,060 --> 00:17:49,870
00: Wie erlebst du denn die
00: Berichterstattung
00: über Menschen mit
00: 258
00: 17:49,870 --> 00:17:52,810
00: Diskriminierungserfahrungen?
00: Welches Bild
00: wird denn auch über
00: 259
00: 17:52,810 --> 00:17:56,970
00: die Medien vermittelt?
Sandra Olbrich:
Sandra Olbrich: Ja, das ist eine ganz schwierige
Sandra Olbrich: 260
00: 17:56,970 --> 00:18:02,820
00: Frage, weil die
00: Berichterstattung
00: über behinderte
00: 261
00: 18:02,820 --> 00:18:09,330
00: Menschen ja meist oder
00: vorwiegend gemacht wird von
00: Menschen ohne Behinderung.
00: 262
00: 18:09,330 --> 00:18:13,440
00: Das heißt,
00: der Blick oder
00: die Perspektive ist
00: 263
00: 18:13,440 --> 00:18:20,520
00: immer die einer
00: nicht behinderten
00: Person auf
00: 264
00: 18:20,520 --> 00:18:27,060
00: das Leben einer
00: behinderten Person. Und da
00: ist der Blick dann doch
00: 265
00: 18:27,060 --> 00:18:30,850
00: nach wie vor
00: eher gerichtet auf
00: die Defizite.
00: 266
00: 18:30,870 --> 00:18:35,460
00: Das ist auch wieder Ableismus.
00: Das heißt, es wird
00: immer sehr viel
00: 267
00: 18:35,700 --> 00:18:40,460
00: beschrieben, was die Person
00: nicht kann oder woran
00: sie scheitert.
00: 268
00: 18:40,470 --> 00:18:44,940
00: Es werden oft irgendwelche
00: Diagnosen oder
00: Krankheitsbilder genannt,
00: 269
00: 18:44,940 --> 00:18:47,970
wo ich immer denke:
wo ich immer denke: Ist das jetzt wirklich
wo ich immer denke: wichtig?
wo ich immer denke: 270
00: 18:47,970 --> 00:18:51,510
00: Weil, wie ich ja eben
00: schon sagte, soziales Modell
von Behinderung:
von Behinderung: 271
00: 18:51,510 --> 00:18:55,800
00: Es geht nicht um
00: vermeintliche Defizite
00: oder um Probleme,
00: 272
00: 18:55,800 --> 00:18:59,730
00: die eine Person
00: individuell hat,
00: sondern es geht darum,
00: 273
00: 18:59,730 --> 00:19:04,920
00: dass diese Probleme
00: eben erst entstehen,
00: indem die
00: 274
00: 19:04,920 --> 00:19:09,630
00: Person sich nicht bewegen,
00: nicht teilhaben kann
00: in einer mit
00: 275
00: 19:09,630 --> 00:19:13,830
00: Barrieren behafteten
00: Umwelt und Gesellschaft,
00: die ausgrenzt.
00: 276
00: 19:15,450 --> 00:19:20,690
00: Da wünsche ich mir einfach,
00: dass ...
00: Oder ich würde gar nicht sagen,
00: 277
00: 19:20,700 --> 00:19:23,580
00: dass ich es mir wünsche,
00: sondern mittlerweile fordere
00: ich es auch,
00: 278
00: 19:23,580 --> 00:19:29,730
00: weil alle ja darüber sprechen,
00: dass wir Vielfalt,
00: Diversität abbilden
00: 279
00: 19:29,730 --> 00:19:33,900
00: wollen, so wie sie wirklich
00: ist. Und da fordere ich,
00: dass wir doch
00: 280
00: 19:33,900 --> 00:19:39,480
00: viel, viel mehr dafür,
00: für diesen vielfältigen
00: und diversen Blick,
00: 281
00: 19:39,840 --> 00:19:44,730
00: Menschen mit
00: Diversitätsdimensionen
00: brauchen, in den Redaktionen,
00: 282
00: 19:45,240 --> 00:19:48,090
00: auf Entscheider*innen-Ebene.
00: Damit meine ich gar nicht,
00: dass nur
00: 283
00: 19:48,090 --> 00:19:51,840
00: noch behinderte Menschen
00: Filme über behinderte Menschen
00: machen dürfen.
00: 284
00: 19:52,140 --> 00:19:53,940
00: Aber ich glaube,
00: es bringt schon sehr,
00: 285
00: 19:53,940 --> 00:19:59,040
00: sehr viel in Bewegung
00: und bringt sehr viel
00: Perspektivwechsel mit sich,
00: 286
00: 20:00,030 --> 00:20:03,060
00: je mehr Menschen mit
00: unterschiedlichen
00: Hintergründen
00: 287
00: 20:03,060 --> 00:20:07,350
00: man so hat, in allen möglichen
00: Strukturen und
00: Organisationen,
00: 288
00: 20:07,350 --> 00:20:09,690
00: einfach weil man noch
00: mal eine andere
00: Rückkopplung hat.
00: 289
00: 20:09,690 --> 00:20:14,610
00: Wenn Themen entwickelt
00: werden, wenn man ein
00: Narrativ
00: 290
00: 20:14,610 --> 00:20:20,430
00: bespricht oder wenn es
00: um Titel und um Sprache geht,
00: ist es ganz,
00: 291
00: 20:20,430 --> 00:20:25,050
00: ganz wichtig, dass wir
00: dort auch vielfältige
00: Perspektiven einbringen.
00: 292
00: 20:25,570 --> 00:20:29,130
00: Ich sage mal, dieser
00: Wechsel hat noch
00: 293
00: 20:29,130 --> 00:20:31,890
00: nicht wirklich
00: stattgefunden. Ansonsten
00: kann man ja sagen,
00: 294
00: 20:31,890 --> 00:20:35,640
00: dass man sich bei der
00: Umsetzung von Barrierefreiheit
00: schon auf
00: 295
00: 20:35,640 --> 00:20:38,490
00: den Weg gemacht hat.
00: Da geht es voran,
00: 296
00: 20:38,490 --> 00:20:41,940
00: wenn auch in kleinen
00: Schritten. Also bei der
00: Untertitelung zum
00: 297
00: 20:41,940 --> 00:20:43,860
00: Beispiel sieht es
00: jetzt schon
00: ganz gut aus.
00: 298
00: 20:43,860 --> 00:20:47,580
00: Aber wir brauchen
00: natürlich mehr Angebote
00: mit Audiodeskription
00: 299
00: 20:47,580 --> 00:20:51,960
00: und in deutscher
00: Gebärdensprache, vor allem
00: auch in leichter Sprache.
00: 300
00: 20:52,560 --> 00:20:55,130
00: Und da brauchen wir,
00: glaube ich,
00: noch ein viel, viel
00: 301
00: 20:55,130 --> 00:20:59,520
00: stärkeres Commitment
00: von oben. Also dass
00: die Entscheider*innen
00: 302
00: 20:59,760 --> 00:21:02,640
sagen: So, Barrierefreiheit
sagen: hat Priorität für uns,
sagen: 303
00: 21:02,640 --> 00:21:06,900
00: wir setzen die jetzt
00: konsequent um, und vielleicht
00: auch nicht nur das
00: 304
00: 21:06,900 --> 00:21:11,370
00: Nötigste, was wir machen
00: müssen, was vorgeschrieben
00: ist vom
00: 305
00: 21:11,370 --> 00:21:15,390
00: Gesetzgeber oder von der
00: Gesetzgeberin, sondern weil wir
00: das wollen, weil uns
00: 306
00: 21:15,390 --> 00:21:18,630
00: das wichtig ist,
00: weil uns Zugang zu unseren
00: Angeboten wichtig ist.
00: 307
00: 21:18,630 --> 00:21:21,270
00: Und im Grunde genommen
00: wäre das ja auch
00: oder ist das auch eine
00: 308
00: 21:21,270 --> 00:21:23,220
00: sehr schlaue Entscheidung,
00: das so zu machen,
00: 309
00: 21:23,220 --> 00:21:28,530
00: weil ich als Medienunternehmen
00: ja auch Reichweite
00: haben möchte.
00: 310
00: 21:28,530 --> 00:21:30,900
00: Ich möchte die
00: Menschen erreichen
00: mit meinen Angeboten,
00: 311
00: 21:30,900 --> 00:21:34,080
00: und zwar alle Menschen.
00: Und je zugänglicher
00: ich meine
00: 312
00: 21:34,080 --> 00:21:37,280
00: Angebote mache,
00: desto mehr Menschen
00: erreiche ich auch.
00: 313
00: 21:37,500 --> 00:21:41,040
00: Insofern ist Barrierefreiheit
00: im Grunde ja auch
00: existenzsichernd
00: 314
00: 21:41,400 --> 00:21:43,980
00: und arbeitsplatzsichernd.
00: Das ist, glaube ich,
00: 315
00: 21:43,980 --> 00:21:47,010
00: auch noch ein
00: wichtiger Vorgang.
00: Also da wünsche ich mir ein
00: 316
00: 21:47,010 --> 00:21:53,250
00: konsequenteres Zupacken
00: und eine konsequentere
00: Umsetzung.
00: 317
00: 21:54,060 --> 00:21:57,030
00: Und vielleicht müssen dafür
00: auch erst noch
00: entsprechend strengere
00: 318
00: 21:57,120 --> 00:22:00,660
00: gesetzliche Vorgaben kommen.
Simone Fischer:
Simone Fischer: Ich finde,
Simone Fischer: 319
00: 22:00,660 --> 00:22:03,510
00: du hast das
00: wunderbar beschrieben,
00: das eine mit dem anderen
00: 320
00: 22:03,510 --> 00:22:07,380
00: zusammen, die gesetzlichen
00: Vorgaben und das Wollen,
00: diesen Geist auch zu
00: 321
00: 22:07,380 --> 00:22:10,830
00: erleben.
00: Ich bin auch unterwegs
00: bei unterschiedlichen
00: 322
00: 22:10,830 --> 00:22:14,310
00: Institutionen.
00: Dort, wo dieser
00: Geist in der
00: 323
00: 22:14,310 --> 00:22:18,630
00: Überschrift steht,
00: "wir wollen",
00: hat das auch eine ganz andere
00: 324
00: 22:18,630 --> 00:22:23,160
00: Kraft an vielen Stellen,
00: neben der Verpflichtung
00: 325
00: 22:23,160 --> 00:22:27,420
00: in dem Sinne, die eh da ist
00: und wo wir an vielen Stellen,
00: wie wir
00: 326
00: 22:27,420 --> 00:22:30,450
00: gesagt haben,
00: noch arbeiten müssen.
00: Aber dieser Geist des Wollens
00: 327
00: 22:30,450 --> 00:22:34,980
00: bringt noch mal,
00: erlebe ich,
00: mehr in die Umsetzung.
00: 328
00: 22:35,560 --> 00:22:38,670
00: Ja, und gerade von den
00: Entscheidungsträger*innen,
00: wie du es
00: 329
00: 22:38,670 --> 00:22:42,330
00: beschrieben hast.
Sandra Olbrich:
Sandra Olbrich: Ja, genau. Und zwar nicht Wollen im
Sandra Olbrich: 330
00: 22:42,330 --> 00:22:46,440
Sinne von: Wir machen
Sinne von: hier ein Zugeständnis.
Sinne von: Sondern weil es ein wichtiger
Sinne von: 331
00: 22:46,440 --> 00:22:51,360
00: Service ist, ein wichtiges
00: Angebot, ein zusätzliches
00: wichtiges Angebot.
00: 332
00: 22:52,190 --> 00:22:57,270
00: Menschen mit
00: Behinderung, Menschen
00: 333
00: 22:57,270 --> 00:23:02,670
00: mit - weiß ich nicht -
00: Migrationsgeschichte,
00: Seniorinnen und Senioren,
00: 334
00: 23:02,670 --> 00:23:05,700
00: die haben ein Anrecht
00: darauf, um eben so auch
00: die Angebote
00: 335
00: 23:05,700 --> 00:23:10,440
00: nutzen zu können. Genau.
Simone Fischer:
Simone Fischer: Ja, zum Schluss, liebe Sandra,
Simone Fischer: 336
00: 23:10,440 --> 00:23:12,890
00: was sind denn vielleicht
00: auch kleine
00: Schwächen oder auch
00: 337
00: 23:12,900 --> 00:23:20,980
00: Leidenschaften in deinem Alltag?
Sandra Olbrich:
Sandra Olbrich: (lacht) Ja, also eine Schwäche
Sandra Olbrich: 338
00: 23:20,980 --> 00:23:24,850
00: ist vielleicht ...
00: Oder meine große Leidenschaft
00: ist natürlich
00: 339
00: 23:24,850 --> 00:23:27,370
00: mein Garten.
00: Ich bin so eine
00: 340
00: 23:27,370 --> 00:23:31,870
00: echte Gartentante geworden.
00: Allerdings muss ich sagen,
00: dass ich
00: 341
00: 23:31,930 --> 00:23:36,460
00: im letzten Jahr leider nur sehr,
00: sehr wenig im Garten
00: machen konnte.
00: 342
00: 23:36,460 --> 00:23:41,860
00: Das hing mit
00: vielen Gründen zusammen.
00: 343
00: 23:41,860 --> 00:23:44,980
00: Ich habe sehr, sehr viel
00: gearbeitet, habe einen neuen Job
00: angefangen und
00: 344
00: 23:44,980 --> 00:23:48,970
00: so und hatte dann
00: gar nicht mehr so viel Zeit,
00: im Garten zu sein.
00: 345
00: 23:48,970 --> 00:23:52,780
00: Dann hatte ich auch
00: zwischenzeitlich
00: Probleme mit den Händen
00: 346
00: 23:52,780 --> 00:23:58,180
00: und musste mich darum
00: ein bisschen kümmern.
00: Aber das,
00: 347
00: 23:58,180 --> 00:24:02,410
00: was mich an der
00: Gartenarbeit so fasziniert,
00: sind auch die Düfte
00: 348
00: 24:02,410 --> 00:24:05,530
00: im Garten und die Gerüche.
00: Also dieses
00: sinnliche Erleben
00: 349
00: 24:05,530 --> 00:24:10,000
00: von Natur und Pflanzen.
00: Ich habe so einen
00: Rosen-Faible.
00: 350
00: 24:10,000 --> 00:24:13,300
00: Ich habe über 50
00: verschiedene Rosensorten
00: in meinem Garten,
00: 351
00: 24:13,300 --> 00:24:17,410
00: die habe ich eigentlich
00: auch alle nach Duft-Spektren
00: ausgesucht.
00: 352
00: 24:17,680 --> 00:24:20,640
00: Eine Rose muss für mich
00: einen bestimmten Duft haben.
00: 353
00: 24:20,650 --> 00:24:23,830
00: Und dadurch, dass ich dann
00: nicht mehr so viel im Garten
00: sein konnte - und in
00: 354
00: 24:23,830 --> 00:24:29,110
00: der Corona-Pandemie -,
00: bin ich dann umgestiegen
00: auf Düfte, die ich mir in kleinen
00: 355
00: 24:29,110 --> 00:24:34,120
00: Fläschchen bestellen konnte.
00: Also Parfumdüfte
00: ist so ein Thema,
00: 356
00: 24:34,510 --> 00:24:39,730
00: wo ich sehr gerne ...
00: Ist so ein Guilty Pleasure
00: von mir.
00: 357
00: 24:40,120 --> 00:24:42,730
00: Und da gibt es ja
00: verschiedene Plattformen
00: im Netz,
00: 358
00: 24:42,730 --> 00:24:46,000
00: wo man sehr schön auch Düfte
00: tauschen kann und kleine
00: 359
00: 24:46,000 --> 00:24:49,300
00: Pröbchen sich bestellen kann.
00: Und das war so eine sehr
00: 360
00: 24:49,300 --> 00:24:52,910
00: schöne sinnliche Erfahrung,
00: die ich mir gegönnt habe im
00: 361
00: 24:52,960 --> 00:24:57,070
00: letzten dunklen Winter zum Beispiel.
Simone Fischer:
Simone Fischer: Da hast du mich jetzt sehr,
Simone Fischer: 362
00: 24:57,070 --> 00:25:00,460
00: sehr neugierig gemacht, da
00: werde ich gleich mal
00: Ausschau halten,
00: 363
00: 25:00,790 --> 00:25:04,390
00: denn diese Plattformen
00: für Düftchen und Pröbchen
00: sind mir ganz neu.
00: 364
00: 25:04,750 --> 00:25:09,400
00: Hast du denn noch
00: eine Botschaft an die
00: Zuhörerinnen und
00: 365
00: 25:09,400 --> 00:25:14,260
00: Zuhörer oder auch
00: allgemein an unsere Gesellschaft?
00: Einen Wunsch?
00: 366
00: 25:15,580 --> 00:25:19,480
Sandra Olbrich: Ah, ich habe
Sandra Olbrich: keine Botschaft. Also ich habe
Sandra Olbrich: keine Botschaften oder
Sandra Olbrich: 367
00: 25:19,480 --> 00:25:22,900
00: auch gar kein Sendebewusstsein
00: - oder Sendungsbewusstsein
00: sagt man.
00: 368
00: 25:24,020 --> 00:25:29,420
00: Ich habe eher Fragen
00: an die Gesellschaft,
also Fragen danach:
also Fragen danach: 369
00: 25:29,440 --> 00:25:35,710
00: Was ist gerecht?
00: Zum Beispiel so, ja.
00: Vor allem, glaube ich, ist es
00: 370
00: 25:36,340 --> 00:25:41,110
00: wichtig, sich darüber
00: Gedanken zu machen oder
00: eher darauf zu schauen,
00: 371
00: 25:41,110 --> 00:25:47,500
00: dass wir als behinderte
00: Menschen aufhören, ständig
00: zu erklären
00: 372
00: 25:47,500 --> 00:25:49,660
00: oder auch aufzuklären.
00: Also ich denke,
00: 373
00: 25:49,660 --> 00:25:52,660
00: das ist gar nicht unser Job.
00: Es gibt mittlerweile
00: so viele
00: 374
00: 25:52,660 --> 00:25:56,500
00: Informationen zum Thema
00: "inklusive Gesellschaft",
00: im Netz und sonst wo.
00: 375
00: 25:57,570 --> 00:26:00,390
00: Ich denke, die Leute
00: müssen sich halt auch selbst
00: auf den Weg machen.
00: 376
00: 26:00,390 --> 00:26:03,360
00: Die müssen sich selbst und aus
00: sich heraus informieren und
00: 377
00: 26:03,360 --> 00:26:06,570
00: weiterentwickeln wollen.
00: Und es geht auch
00: nicht darum,
00: 378
00: 26:07,650 --> 00:26:11,110
00: dass nicht behinderte Menschen
00: nachfühlen können,
00: wie es ist,
00: 379
00: 26:11,110 --> 00:26:13,230
00: jetzt mit einer Behinderung
00: zu leben oder so.
00: 380
00: 26:13,800 --> 00:26:17,520
00: Das ist meiner Meinung
00: nach tatsächlich der
00: ganz falsche Ansatz.
00: 381
00: 26:17,610 --> 00:26:23,220
00: Ich vertrete die Auffassung,
00: dass eine Gesellschaft
00: nur dann gut
00: 382
00: 26:23,220 --> 00:26:28,650
00: funktioniert, wenn
00: die Rechte aller gleichermaßen
00: anerkannt werden.
00: 383
00: 26:29,010 --> 00:26:33,090
00: Zugang und Teilhabe,
00: das ist ja nun mal
00: 384
00: 26:33,090 --> 00:26:36,150
00: Menschenrecht.
00: Und das müssen einfach alle
00: anerkennen können.
00: 385
00: 26:37,620 --> 00:26:40,410
00: Und ich denke, dass das auch
00: viel, viel wichtiger ist ...
00: Also dass diese
00: 386
00: 26:40,410 --> 00:26:43,530
00: Anerkennung von Rechten
00: viel, viel wichtiger ist
00: als irgendein
00: 387
00: 26:43,530 --> 00:26:48,510
00: Gefühl oder Empathie.
00: Weil, von beidem möchte
00: ich jedenfalls
00: 388
00: 26:48,510 --> 00:26:51,960
00: nicht abhängig sein müssen.
00: Das ist so mein Gefühl,
00: 389
00: 26:51,960 --> 00:26:56,940
00: dass wir vielleicht
00: insgesamt zu einer
00: erwachseneren,
00: 390
00: 26:57,090 --> 00:27:03,240
00: selbstbewussteren Vorstellung
00: kommen, wie Menschen,
00: 391
00: 27:03,960 --> 00:27:08,890
00: behinderte Menschen,
00: Teil dieser Gesellschaft sind,
00: und dass wir
00: 392
00: 27:08,950 --> 00:27:17,680
00: wegkommen von dem
00: Wohlfahrtsgedanken,
00: von dem
00: 393
00: 27:17,680 --> 00:27:24,580
00: Charity-Gedanken,
00: von dem Gedanken,
helfen zu wollen, hin zu:
helfen zu wollen, hin zu: 394
00: 27:25,240 --> 00:27:29,590
00: Es gibt hier einfach Rechte,
00: und die müssen für
00: alle Menschen
00: 395
00: 27:29,590 --> 00:27:36,470
00: gleichermaßen gelten. Punkt. So.
Simone Fischer:
Simone Fischer: Das war das allerbeste Schlusswort.
Simone Fischer: 396
00: 27:36,920 --> 00:27:40,370
00: Ich danke dir ganz herzlich für
00: deine Zeit und dieses Gespräch.
00: 397
00: 27:41,090 --> 00:27:41,840
Sandra Olbrich: Ich danke dir.
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